Stellungnahme zum Verfahren gegen Evgenija (Zhenja) Berkovič und Svetlana Petrijčuk und die diesem zugrunde gelegte „destruktologische Gerichtsexpertise“
Wir fordern die Einstellung des Verfahrens gegen die Theaterkünstlerinnen Evgenija Berkovič und Svetlana Petrijčuk sowie grundsätzlich den Ausschluss von pseudowissenschaftlichen „destruktologischen Gutachten“ als Beweismitteln für die Anklageerhebung in juristischen Verfahren.
Die Regisseurin Evgenija (Zhenja) Berkovič und die Dramatikerin Svetlana Petrijčuk sind Anfang Mai in Moskau verhaftet worden. Den beiden renommierten russischen Künstlerinnen wird vorgeworfen, Terrorismus zu verherrlichen und ihn zu rechtfertigen - mit ihrer Inszenierung von Petrijčuks Stück „Finist, heller Falke“ („Finist jasnyj sokol’“) im Jahr 2020.
Das Stück, dessen Titel sich auf ein altes russisches Märchen bezieht, basiert auf realen Geschichten, Interviews und Prozessakten und erzählt vom Schicksal der Frauen und Mädchen, die im Internet mit perfiden Mechanismen von der Terrororganisation „Islamischer Staat“ rekrutiert werden, nach Syrien gehen und bei ihrer Rückkehr in Russland vor Gericht gestellt werden. Text und Inszenierung vertreten klar und unmissverständlich eine den Terrorismus verurteilende Haltung.
Der Artikel des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation, der den beiden Theaterkünstlerinnen zur Last gelegt wird, ist Artikel 205.2 Paragraf 2 „Öffentlicher Aufruf zu terroristischen Aktivitäten, öffentliche Rechtfertigung des Terrorismus oder Propaganda für den Terrorismus“. Auf diesen Anklagepunkt stehen bis zu sieben Jahre Haft.
Grundlage für die Anklage gegen die Dramaturgin und die Regisseurin ist eine „komplexe destruktologische Gerichtsexpertise“. In dieser Stellungnahme auf Change.org widerlegen wir, die Unterzeichnenden, als Slavist:innen die Argumente der „Gerichtsexpertise“ und weisen deren literatur-, kultur- und medienwissenschaftliche Fehllektüren aus.
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